Es ist unser zweiter Tag im Iran. Alles ist neu, der Verkehr
um einiges chaotischer wie in der Türkei. Wir sind kurz vor Tabris, wo wir am
nächsten Tag unseren ersten Coachsurfer Farshad treffen wollen. Unser erster
Halt direkt neben der Schnellstraße geben wir nach wenigen Minuten auf, zu
laut, zu viele Neugierige, einfach ein ungutes Gefühl hier zu schlafen.
Genervt
versuchen wir unser Glück an einer nahe gelegenen Picknickstelle an einem See.
Bei der Ankunft sehen wir bereits, der See ist eingezäunt und die Security
macht uns klar, übernachten ist hier nicht erlaubt. Kein Problem, unweit der
Picknickstelle stellen wir uns hinter eine Baumallee, passt doch, hier
gefällt`s uns.
|
Hamid, der freundliche Securitymen ... |
Fünf Minuten später, eine Security taucht auf, wir dürfen
nun doch im Picknickplatz übernachten. Aber das Dach von MrRolli ist bereits
oben und Remo schnibbelt schon den Salat. Wir können ihn überzeugen, wir
bleiben stehen. Weitere fünf Minuten später, die Security taucht mit
Verstärkung auf. Nun bestehen Sie darauf, der Manager des Parks möchte, dass
wir im eingezäunten, sicheren Bereich übernachten. Super, Dach runter, Salat
verstaut, wir übersiedeln mit Eskorte in den
Hochsicherheitsbereich J.
Der Manager taucht auf, begrüßt uns freundlich, die
Besichtigung von MrRolli kann vollzogen werden. Hamid, der freundliche Security,
spielt dabei den Übersetzter, der Manager spricht kein Englisch. Dafür zeigt sich
der Parkmanager umso großzügiger, lädt uns zum Wasserskifahren ein und beordert
Hamid als unseren persönlichen Betreuer für den ganzen Abend.
Wir fühlen uns wie Superstars! Am selben Abend im Loungebereich
auf dem See, wir trinken auf Kosten des Manager und erhalten dabei drei weitere
Einladungen für den nächsten Tag. Geht nur leider nicht, wir wollen unseren
Coachsurfer Farshad treffen.
|
mit Farshad im alten Bazar
von Tabriz
|
Am Morgen darauf, Hamid will uns unbedingt bis zum
vereinbarten Treffpunkt mit Farshad begleiten, also quetschen wir uns zu dritt
in MrRolli und düsen in die Stadt. Hamid will uns ungern ziehen lassen, zum
Abschied schenkt er uns noch ein kleines Parfüm, voll nett!
Wir treffen Farshad, unseren zweiten Coachsurfer auf der
Reise. Hätten wir vorher gewusst, dass wir so viele Einladungen im Iran
bekommen, hätten wir uns nie mit Farshad getroffen, was aber wirklich schade
gewesen wäre.
Farshad ist kaum älter als 20 Jahre, spricht fließend
Deutsch und ist von Österreich begeistert. Er zeigt uns seine Heimatstadt
Tabriz, die Stadt der Teppichknüpfer. Wir verstehen uns auf Anhieb blendend und
erleben so mit Ihm und seinen Freunden einen unvergesslichen Tag. Am Abend als
wir uns verabschieden wollen, bleibt neben MrRolli ein Auto stehen. 2
Polizisten steigen aus und wollen von Farshad wissen, was er bei uns macht.
Farshad steht Rede und Antwort, wir müssen 4wheelcabin kurz öffnen. Das war`s,
die Erste Begegnung mit dem mächtigen Kontrollstaat!
Farshad sieht das ganze locker, er ist solche Situationen
gewohnt. Mit seinen kritischen Äußerungen gegen die Staatsmacht bewegt er sich
auf einem schmalen Grat, ohne genau zu wissen, was für Konsequenzen er zu
erwarten hat.
|
Kandovan - klein Kapadokia |
Noch am selben Abend geht’s für uns weiter nach Kandowan,
klein Kapadokien. Im Gegensatz zu der Hügellandschaft in der Türkei, leben in
Kandowan immer noch Menschen in den Höhlen. Es ist mehr ein Freilichtmuseum.
Die Bewohner verstehen ihr Geschäft daraus zu machen und die Besucher lieben
die authentische, alte Lebensweise ….. eine klassische win-win Situation.
|
beim alten Romadorf ..... |
Tag 5, wir brechen nach Quazin auf, wo wir unseren dritten
Couchsurfer treffen wollen. Meysam wohnt zu Hause bei seinen Eltern und
arbeitet als Übersetzer in der Türkei. Es dauert ein wenig, bis das Eis zwischen
uns bricht. Meysam nimmt uns mit zu seinem Freund Abolfazl, der Dorfvorsteher
der Gypsis, ein Zigeunervolk das nicht unweit von Quazin seine Wurzeln hat. Gemeinsam
besuchen wir das 600 Jahre alte Dorf, von dem nur noch wenige Lehmmauern
bestehen. Einige neue Löcher im Erdreich bezeugen, dass die Geschichte vom verborgenem Gold
nicht vergessen ist. Den Gypsis wird Reichtum nachgesagt und im Vergleich mit
anderen ist Abolfazl wirklich ein reicher Mann. Er besitzt zwei alte LKW`s, ein
Auto, ein Motorrad und hat ein großes Haus in dem er mit seiner Familie lebt.
|
zum Abendessen bei
Abolfazl und seiner Familie
|
Abolfazl ist außerordentlich bemüht um uns. Zu viert
besuchen wir eine Farm, wo wir im Wasserreservoir uns abkühlen, fahren mit
Iranitempo nach Quazin um eine Moschee zu besuchen und Eis zu essen. Inzwischen kocht seine Frau Abendessen für uns und wir verbringen den Abend bei Ihnen zu Hause.
Abolfazl sieht den
Ursprung der Gypsis im Iran. Beweise dafür sieht er in den alten Liedern der Zigeuner,
logisch dass wir noch den Dorfsänger nachts um 1 Uhr aufsuchen, der mehrere
Lieder
zu seinem Besten gibt.
|
beim Dorfsänger mitten in der Nacht ... |
|
unser Nachtlager bei Meysam ... |
Die Nacht verbringen wir bei Meysam. Remo und ich sind
überrascht wie groß und schön seine Wohnung ist. Es scheint, dass er alles hat,
aber leider sieht auch er seine Zukunft nicht im Iran.
Tag 7, die Straße in die Berge nach Alamout Valley ist
gesperrt. Die alte Ersatzstraße ist eine windige `Dirtroad-Schotterpiste` auf
die wir keine Lust haben. Wir entscheiden uns kurzfristig die 350km ans
Kaspische Meer zu fahren. Spät am Abend kommen wir an und finden zu unserem
Glück einen Platz am Sandstrand zum übernachten. Es dauert nur wenige Minuten
und ein älterer Herr taucht auf. Von Beruf Englischlehrer, der aber kaum
Englisch sprechen kann. Genauso seltsam waren seine Erklärungen, dass der Stellplatz
nicht sicher ist. >> no safe, no safe<<, er klopft auf die
Kabine, und deutet an, dass in der Nacht
Leute vorbeikommen und ruft dabei >> Wixi – Wixi<<. Als er dann
noch zeigt, dass sie mit Messern die Reifen aufstechen, ist für Remo der Platz
gestorben.
|
it is not safe .... häää? |
Klar, dass der Englischlehrer uns zu sich nach Hause
einladet, aber nach langem akzeptiert er, dass wir nicht mitkommen. Er erklärt
uns ein Park in der Stadt wo wir schlafen können, nur 14km entfernt. Also Dach
runter, wir starten mit MrRolli in die Stadt. Aus den 14km werden über 40km und
der Park entpuppt sich als riesige Menschenansammlung, es steht fest, hier
können wir nicht stehen bleiben. Mittlerweile ist es 23 Uhr, hundemüde fahren
wir wieder aus der Stadt raus und finden dank Susi, unsere Navigationsstimme,
ein Zeltplatz am Ende der Stadt.
Tags darauf, das Kaspische Meer ist greifbar nahe. So
langsam begreifen wir, dass im Iran niemand frei stehen bleibt. Alles spielt
sich in eingezäunten Bereichen ab, wo die eigene Security für Recht und Ordnung
sorgt. Wir spielen mit und bleiben für umgerechnet 2,20€/Nacht für drei Nächte
stehen . Dafür gibt’s Frischwasser, einen schönen Strand und Unterhaltung durch
die neugierige Bevölkerung. Unsere Nachbarn, die Familie der kleinen Maria, ist
überaus freundlich. Fast schon zu freundlich, nach 2 Tagen nennen wir Sie die `Caspien Sea
stalking Familiy` nennen.
|
die wilde Truppe vom Kiosk ... |
Tag 10, über die Berge fahren wir ins Inland, Richtung
Teheran, die Hauptstadt Iran`s. Remo hat bei unserem letzten längeren Stopp
durch Zufall eine App gefunden, die Stellplätze von `Overlandern` zeigt. Reisende,
die mit dem eigenen Auto unterwegs sind, markieren Plätze wo sie im jeweiligen
Land problemlos übernachten konnten. So fahren Remo und ich nicht blindlings in
die Hauptstadt, wir haben ein Ziel, ein kleiner Park am Rande von Teheran. Als
wir ankommen, sind wir enttäuscht, der Park ist voll und rundherum kann nur
geparkt werden, aber das ist sicherlich kein Schlafplatz für die Nacht. Wir
wollen bereits weiterfahren, da taucht Arif auf. Er besteht darauf, dass wir
bleiben.
|
Hassan der Boxer - unsere
persönliche Security :-)
|
|
mit MrRolli mitten im Park .... |
Ein Holländer war vor zwei
Monaten auch schon hier und hat im Park übernachtet. Na dann, bei einem Tee erholen
wir uns von der Fahrt durch die Berge und umso mehr die Zeit verstreicht, umso
mehr Leute tauchen am Kiosk auf. Die Stimmung wird ausgelassen, wir haben einen
riesen Spaß mit den Jungs.
Die üblichen Einladung nach Hause verwehren wir uns,
MrRolli ist unser zu Hause, nur wo bleiben wir stehen. Seitlich am Park ist
unser Gedanke, aber Arif öffnet spät abends die Absperrung und meint wir
sollen uns reinstellen. Zuerst zögern wir, aber als auch der Security meint das
wäre in Ordnung stellen wir uns fett mitten in den Park hinein, was für ein
toller Schlafplatz!
Teheran, die 14 Millionen Hauptstadt, umfahren Remo &
ich am nächsten Morgen möglichst großräumig. Selbst nach mehr als 12 tausend
gefahrenen Kilometern, haben wir keine Lust auf den Chaosverkehr. In Richtung
Kashan bleiben wir auf einer Raststätte stehen und planen die weitere Fahrt.
Beim Auffahren auf die Schnellstraße überholt uns ein alter Baustellenkastenwagen
mit Schweizer Kennzeichen. Aber Moment mal, seitlich hängt eine riesige Markise
drann und die Beifahrerin springt fast aus dem Fenster raus, als sie uns
zuwinkt. Das sind Overlander, die ersten freundlichen Overlander! Wir stoppen
seitlich am Straßenrand, ein junges Pärchen steigt aus, Olivia aus Schweden und
Joel aus Bern, mega freundich. Die Reisepläne für den Iran werden ausgetauscht
und nach fünf Minuten sind wir schon wieder alleine unterwegs. Das war schon alles,
echt jetzt? Eine kleine Chance, dass wir Sie wieder treffen, gibt es noch.Am
Abend wollen wir nähe Kashan an einem Salzsee übernachten, das wissen Olivia
& Joel, aber ob Sie auch kommen steht noch nicht fest.
Am späten Nachmittag erreichen Remo und ich die Straße zum
Salzsee. Bis zur Caravanserei, einem alten Fort, sind es noch über 35
Kilometer, heftiger Wind weht und die Asphaltstraße ist gerade zu Ende, weiter geht’s auf einer Schotterwaschbrettpiste,
mitten durch die Wüste. Ich hab den Glauben bereits aufgegeben, die Piste
werden Olivia & Joel sicherlich nicht fahren, schade um die Beiden.
|
Camelhüter auf dem Bike .... |
Remo und ich sind zum ersten Mal in so einem großen
Sandkasten unterwegs. Die Piste wechselt ständig, MrRolli gibt dabei sein
Bestes. Immer wieder halten wir an, die Landschaft ist genauso vielfältig und dabei
wunderschön. Bei einem Halt ruft Remo plötzlich >> die Schweizer kommen<<. Anfangs halte ich es für einen
Scherz, die kommen niemals so eine Piste rausgefahren. Aber tatsächlich, mit
ihrem getarnten Kastenwagen kommen Sie
immer näher.
Gemeinsam geht die Fahrt weiter, an den von iOverland
gemarkten Aussichtspunkt, nahe einer alten Caravanserei, wo schon vor hunderten
von Jahren, Reisende auf der Seidenstraße Halt gemacht haben.
|
7 Stunden bis zum Exetus,
no problem :-(
|
Am Aussichtspunkt angekommen merken wir schnell, die Chemie
zwischen uns Vier passt perfekt. Die Autos werden rücklings aneinander gestellt
und so sitzen wir windgeschützt noch
lange nach dem Sonnenuntergang beisammen. In unseren Reiseerzählungen vertieft,
will etwas im Halbschatten neben dem Tisch davonschleichen. Mit etwas mehr
Licht wird uns fast schwarz vor den Augen. Ein großer schwarzer Skorpion ist
unter unserem Tisch durchgekrabbelt. Vorbei an unseren Füssen, alle natürlich praktisch
Barfuß nur mit Flip-Flops bewaffnet. Erst Tage später wird uns bewusst, wie
gefährlich so ein Krabbler eigentlich sein kann.
|
Masjed-e Shah Moschee .... |
Unsere Reiseziele im Iran sind praktisch identisch, also geht’s
zu viert auf nach Isfahan. Mit zwei ausländischen Caravans haben die wenigsten
Iraner gerechnet, so ist anfangs die Hemmschwelle angesprochen zu werden etwas größer. Aber es ist Freitag, Moslems ihr freier Tag, der Park ist brechend
voll und nach kurzer Zeit sitzen wir bei `Chai – Schwarztee` mit einer Familie
zusammen. Das Familienoberhaupt fragt uns nach `Wixi-Wixi`….. mit großen Augen
schauen wir Vier uns an, Olivia und Joel kennen bereits die Geschichte vom
Kaspischen Meer. Wir können uns das Lachen kaum verkneifen. Aber jetzt, im
Zusammenhang und der Gestik des Mannes denken wir das Rätsel lösen zu können. Der
alte Mann meinte Whisky-Whisky. Die Geschichte bleibt unser ` Running Gag ` für
die restliche gemeinsame Zeit.
|
Masjed-e Sheikh Lotfollah Moschee |
|
Chai - Klopause .... |
|
Pol-e Si-o Seh Brücke .... |
Auch in Isfahan werden wir immer wieder angesprochen. Remo
& ich sind es schon teilweise leid, aber Joel ist da überaus kommunikativ ….. Swiss, Swed, Autriche …. es ist ein ständiges
Wiederholen woher wir kommen, was wir machen, wohin die Reise führt, um am Ende eine
Einladung in ein iranisches Heim zu
erhalten. Nur schwer können wir Ihnen klar machen, dass MrRolli unser zu Hause
ist.
Wir fragen Olivia wann für Sie denn der richtige Zeitpunkt ist, wo Sie
eine Einladung annehmen? >> Wenn
Sie vor dem Abendessen fragen und wenn es Hühnchen gibt <<, wir lachen
uns krumm!
In unserem Park in Isfahan, zeltet Sayad direkt neben
unseren Autos. Sayad kommt aus Aserbaidschan und ist mit dem Rucksack
unterwegs. Aus Vier Reisenden werden fünf und wir verbringen die nächsten Tage
gemeinsam.
|
am Saltlake nahe Shiraz .... |
Geschichtsträchtige Städte liegen auf dem weiteren Weg,
Persepolis und Shiraz. Wir leben den gleichen Rhythmus wie Olivia & Joel
und bemerken dabei gar nicht wie schnell die Zeit vergeht.
|
Freitagsmoschee in Yazd ... |
|
die Überreste von Persepolis ...
|
Am Ende in Yazd, wo
sich unsere Wege vorerst trennen, sind es 11 Nächte und 12 Tage die wir
gemeinsam im
Iran verbringen. Ihr Weg führt Sie weiter in den Norden.
Turkmenistan, Kasachstan, Russland, …. viel Glück euch Beiden!
|
beim Chack-Chack Firetempel -
wer findet MrRolli auf dem Bild?
|
Remo und ich biegen Richtung Osten ab. In Kerman bleiben wir
3 Tage stehen um uns mit dem Notwendigen für die weitere Reise einzudecken.
Noch 2 Tage Bam, eine alte Lehmstadt im Iran, bevor wir am Montag den 28.08 die
Grenze nach Pakistan überqueren.
Bereits eine Woche später wollen wir schon in Nordindien
sein, aber ihr kennt das, das ist eine andere Geschichte ……
...wow - so schöne Fotos! Nächstes Mal Skorpion bitte töten und mir mitbringen oder schicken! Ich mach was Schönes draus...grüsse und küsse patrizia
AntwortenLöschenPatrizia! Wir können doch nicht gleich alles töten .... es genügt schon, was wir alles auf unserer Reise überfahren ;-)
Löschen